„Meilensteine und Perspektiven der
wissensbasierten Wirtschaft“
Gemeinsame Tagung der Technischen
Universität Chemnitz mit dem Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management
und Wissensökonomie
Der Frage und Relevanz von Wissen für die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung Meilensteine und Perspektiven der wissensbasierten Wirtschaft“ am 14. und 15. September 2017 an der Technischen Universität Chemnitz angenommen. Gemeinsam mit dem Leipziger Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW hat die TU Chemnitz Expertinnen und Experten der Wirtschafts-, Sozial-, Geschichts- und Kulturwissenschaften eingeladen, um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Wissensökonomie aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und interdisziplinär zu diskutieren. „Die Perspektive, die Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieurwissenschaftler auf Forschungsfragen entwickelt haben, reichen nicht aus, um eine komplexe Frage wie die der Wissensökonomie zu beantworten. In interdisziplinären Teams können Individuen und ihre Ideen besser gedeihen. Wir schaffen mit unserer Perspektive der angewandten Forschung und mit unserer Beteiligung an der Tagung den Innovationsraum dafür, dass sich Forscherinnen und Forscher interdisziplinär einbringen können,“ erklärte Professor Posselt, Institutsleiter des Fraunhofer IMW bereits im Vorfeld. Dr. Yaman Kouli, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Technischen Universität Chemnitz, moderierte den interdisziplinären Dialog und setzte Fragen und Ergebnisse in einen historischen Rahmen und Zusammenhang. Dr. Kouli betonte vor der Tagung die gesellschaftliche Verantwortung der Fachdisziplinen: „Obwohl es sich bei der wissensbasierten Wirtschaft und dem Wandel der Industrie um eine der zentralen Diskussionspunkte der Gegenwart handelt, sind die Sozialwissenschaften und auch die
Wirtschaftshistoriker wenig an der öffentlichen Debatte beteiligt. Um zu verstehen, ob es sich bei den jüngsten Trends wie der Digitalisierung um tiefgreifende Revolutionen oder nur um eine Fortsetzung alter Entwicklungen handelt, ist ihr Engagement jedoch unerlässlich.“
In der Einführung beschrieb YAMAN KOULI die Herangehensweisen der verschiedenen Disziplinen, die wissensbasierte Produktion zu beschreiben. Das umfasste die soziologischen Konzepte der Wissensgesellschaft sowie die Indikatoren Innovationen (Innovationssoziologie Wirtschaftswissenschaften) und Humankapital (Wirtschaftswissenschaften, Kliometrie), um nur einige zu nennen. Dabei kritisierte er, dass die Disziplinen miteinander nur in einem schwachen Austausch stehen, weshalb auch die Widersprüche nicht offengelegt werden
können.
THOMAS SCHUETZ (Stuttgart) und PHILIPP KLIMANT (Chemnitz) bestritten das Panel zu den „Problemfeldern der wissensbasierten Wirtschaft“. Herr Schuetz erläuterte die Entwicklung der Umkehrosmose-Filtrationstechnologie von einer Hoch- zu einer Alltagstechnologie – eine Entwicklung, die auch stark durch ein hohes Angebot an qualifizierten Arbeitskräften erheblich begünstigt wurde. Philipp Klimant beschäftigte sich mit dem Wandel der sich wandelnden Industrieproduktion, die die produzierende Wirtschaft vor erhebliche Herausforderungen stellt. Der
Wandel betrifft mittlerweile auch kleine und mittlere Unternehmen, die trotzdem eine positive Investitionsrendite einfahren können.
Die folgenden drei Vorträge standen unter dem Titel „Arbeit in der wissensbasierten Wirtschaft“.
MARTIN KRZYWDZINSKI ging in seiner Präsentation der Frage nach, was die digitale Transformation für die zukünftige Beschäftigtenstruktur bedeutet. Angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Produktionsprozesse stehen sich Prognosen von De- und von Upskilling gegenüber. Krzywdzinski musste feststellen, dass die bisherigen Vorhersagen methodisch unzureichend sind und daher eine plausible Einschätzung aktuell nicht redlich ist. RIAD BOURAYOU, Forschungsmanager am Fraunhofer IMW, hat das Themenfeld „Arbeit“ problematisiert, indem er das Arbeitsspektrum des ökonomischen Instituts der Fraunhofer-Gesellschaft dargestellt. Dieses umfasst unter anderem die Artikulierung von Geschäftsmodellen und die Erstellung von Zukunftsszenarien vor dem Hintergrund der digitalen Transformation. MARKUS HERTWIG versuchte sich an einer Prognose nur Wirkung der Digitalisierung der Wirtschaft auf die zukünftigen Formen der Arbeit. Mindestens für bestimmte Teilgruppen wie die sog. Homeworker birgt der Wandel voraussichtlich Konfliktpotenzial.
Das dritte Panel fragt nach den Perspektiven der wissensbasierten Wirtschaft. STEPHANIE TIETZ, JULIA BRESSLER, KATJA WERNER und PETER PAWLOWSKY beschreiben an einem konkreten Beispiel, wie die digitale Transformation des Geschäftsmodells ablaufen kann. Dabei hat sich gezeigt, dass die Investitionskosten auch in der Praxis bemerkenswert sind. Gleichzeitig ist die Forcierung der Digitalisierung auch
personengebunden, d. h. ihr Erfolg hängt unter anderem davon ab, wie stark sich einzelne Personen bei ihrer Realisierung einbringen.
Die wahrgenommene Relevanz der Ressource Wissen für die Wirtschaft und Industrie wurde der konkreten Projektarbeit an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer-Gesellschaft und dem wissensökonomisch ausgerichteten Leipziger Fraunhofer Institut gegenübergestellt.
In einem Beitrag von THORSTEN POSSELT, Institutsleiter und Inhaber des Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Innovationsökonomik an der Universität Leipzig, wurde hingegen die konkrete volkswirtschaftliche Bedeutung von Wissensökonomie für den Wirtschafts- und Innovationsraum Ostdeutschland deutlich.
SABINE HOFMANN beschäftigt sich mit dem konkreten Beispiel Israel. Dort zeigt sie, dass der Staat eine zentrale Rolle bei der Schaffung von Innovationen einnahm. Darüber hinaus wurde verstärkt eine Kooperation mit ausländischen Akteuren gesucht. Freilich lief diese Entwicklung nicht reibungslos, wie die sozialen Spannungen innerhalb der israelischen Gesellschaft zeigen. Zwar konnte die digitale Transformation plausibel in einen Entwicklungszusammenhang mit der wissensbasierten Wirtschaft gestellt werden. Trotzdem kam es ebenfalls zu einigen Fragen. Durch die Beiträge konnten der Facettenreichtum sowie das Problemspektrum herausgearbeitet werden, das mit der digitalen Transformation der Wirtschaft – zweifellos ein Megatrend – verbunden ist. Doch offene Fragen gibt es weiterhin zur Genüge. So wird in der Debatte bisher wenig zwischen verschiedenen Staaten oder Wirtschaftskulturen unterschieden.
Alle Ergebnisse werden 2018 in Form eines Tagungsbands verarbeitet und gemeinsam durch die TU Chemnitz und das Fraunhofer-Zentrum Leipzig veröffentlicht.
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